Lähmende Angst: Wie ich mich Spinnen stellte, ohne in Ohnmacht oder Panik zu verfallen

Ich bin keine Ärztin und keine Therapeutin, ich bin eine Frau, die sich ihrer eigenen Angst in den Weg stellte und sie hinterfragte. Wir alle kennen Angst. Sie zeigt sich sehr wahrscheinlich in vielfältigen Formen. Doch wir alle wissen, was es heißt Angst zu haben, was es bedeutet sich ängstlich zu fühlen.

Lass mich dir beschreiben, wie es mir in meinem Leben mit Spinnen ergangen ist und wie ich mich aus den gefühlten Fängen meiner Angst befreite. Ich nehme dich mit auf eine Reise in meine Vergangenheit und zeige dir, wie ich mich meiner Angst stellte und was das mit mir gemacht hat.

20150525 Ich stelle mich meiner Angst vor Spinnen Zoom

Wann haben wir Angst?

Wir haben Angst, sobald wir unser sicheres Umfeld verlassen. Und unser sicheres Umfeld ist unsere Komfortzone. In ihr wissen wir, was wir zu tun haben. Wir wissen, was uns guttut und wie wir uns zu verhalten haben, um uns gut zu fühlen. Wir wissen, welche Wege wir gehen können, um ohne viel Aufwand an unser Ziel zu kommen. Wir fahren oder gehen dieselben Wege zur Arbeit und schalten quasi in den Autopiloten bis wir am Ziel angekommen sind.

Kennst du das auch?

Du sitzt im Auto oder auf dem Rad, fährst zur Arbeit und ohne es groß gemerkt zu haben, bist du angekommen. Du hast nicht darauf geachtet, welche anderen Menschen dir entgegengekommen sind, du kannst nicht sagen, was an den Straßenrändern passiert ist. Es sei denn natürlich etwas fällt dir (meist negativ) auf und du wirst herausgerissen aus deinem Trott. Doch in Gedanken bist du bis dahin vielleicht bei der Einkaufsliste für später oder bei deiner allgemeinen Tagesplanung, einem Gespräch von gestern oder in anderen Gedankenwelten. Was um dich herum im Hier und Jetzt passiert, nimmst du nicht bewusst wahr. In diesem ruhigen Zustand, in dem Gewohnten, da fühlen wir uns wohl und sicher. Hier kennen wir uns aus. Angst steigt erst in uns auf, wenn diese Sicherheit (auch wenn nur scheinbar und in unserer Vorstellung) bedroht ist.

  • Es kommt ein unerwarteter Anruf deines Chefs, der sich sonst nie direkt bei dir meldet.
  • Dein Auto macht plötzlich seltsame Geräusche beim Fahren.
  • Eine Spinne läuft über dein Armaturenbrett.

Je nachdem, was du bisher in deinem Leben erfahren hast, kann einer dieser Momente dein Gedankenkarussel anwerfen.

Was will mein Chef jetzt von mir? War der Vortrag gestern doch nicht so gut wie ich dachte? Unsicherheit macht sich breit.

Dein Auto rappelt und du hast Angst, dass du nicht weiterfahren kannst. Oder schlimmer noch: Gleich fliegt es dir um die Ohren!

Und dann noch die Spinne dazu und das Leben ist im Grunde bereits vorbei. 😉

Ich übertreibe, um dir zu veranschaulichen, dass aus einem für einen Menschen erstmal neutralem Moment, für einen anderen Weltuntergangsstimmung herrschen kann. Das liegt an unseren unterschiedlich großen Komfortzonen. Die einen nehmen die Spinne auf die Hand und werfen sie aus dem Fenster. Die anderen legen eine Vollbremsung hin und fliehen aus dem Auto. Was beide dennoch gemeinsam haben? Die Angst, die sie ergreift, wenn sie ihre Komfortzone verlassen.

Warum ist Angst etwas Gutes?

Die Angst haben wir der Natur zu verdanken. Zu verdanken? Ja, zu verdanken. Denn Angst ist etwas Gutes. Angst möchte uns beschützen. Sie möchte, dass wir es sicher haben. Denn für die Angst ist Unsicherheit und Ungewissheit gleichbedeutend mit Risiko. Für die Angst ist je nach Intensität direkt unser Überleben bedroht. In vergangenen Zeiten, als wir noch mit Säbelzahntigern und Mammuts unseren Lebensraum teilten, war dies ein wirklich mächtiges Instrument.

Die Angst ist der Startschuss für ein Wunderwerk der Natur.

Denn durch sie wird unser Überlebensmodus aktiviert. Wenn du Angst hast, kannst du spüren wie dein Puls sich erhöht, Adrenalin wird bereitgestellt und du spürst einen Energieschub durch dich fließen. Steht ein Tiger plötzlich vor ist, ist das ein unfassbar nützlicher Auslöser. Denn jetzt hast du die Energie zur Verfügung wegzulaufen und dich wieder in Sicherheit zu bringen. Doch was passiert, wenn wir diesen Überlebensmodus aktivieren, wenn er uns gar nicht dienlich ist?

Wann wird Angst hinderlich? Wann lohnt es sich, sich der eignen Angst zu stellen?

Vor ein paar Jahren hatte ich eine riesige Angst vor Spinnen, möglicherweise auch eine Phobie. Ich war nie in Therapie und kann und will daher hier keine Diagnose abgeben. Dafür möchte ich euch beschreiben, wie ich mich gefühlt habe.

Ich konnte in den Anfängen nicht einmal gefahrlos durch verschiedene TV-Sender zappen, denn allein ein Bild oder ein Ausschnitt aus einer Tier-Doku, in dem eine Spinne gezeigt wurde, führte bei mir zu einer Angstreaktion. Ich musste direkt umschalten und mich erstmal wieder sammeln. Mein Puls erhöhte sich und ich bekam schwitzige Hände. Das war kein schönes Gefühl. Ich fühlte mich durch diese Reaktion sehr eingeschränkt.

Betrachte ich es mit meinem Wissen von heute, kann ich sagen, dass meine geistige und körperliche Reaktion der Situation nicht angemessen war. Denn mal ehrlich? Was will mir ein Bild von einer Spinne denn schon antun? Damals fing ich an mir genau diese Frage zu stellen. Ich bekam mehr und mehr das Gefühl meiner Angst ausgeliefert zu sein.

Ich fühlte mich von ihr an die Hand genommen und weggezerrt. "Hier geht es lang, weg da von der Gefahr!" schien sie mir ungefiltert zu vermitteln.

Ich konnte nicht darüber nachdenken, ob es sinnvoll ist, sondern war meiner Angstreaktion ausgeliefert. Das Gefühl ausgeliefert zu sein und nicht frei entscheiden zu können, wollte ich nicht mehr. Irgendwann war für mich der Punkt erreicht, an dem ich mich freier fühlen wollte. Ich wollte, dass meine Angst wieder hilfreich ist und aufhört mich einzuschränken und zu blockieren. Das war der Punkt, an dem ich mich meiner Angst entgegenstellte und sie genauer ansah.

Wie kann ich meine Angst überwinden?

Ich setze mich als Erstes selbst meiner Angst aus. Das hieß Bilder von Spinnen ansehen und die Angst da sein lassen. Im nächsten Schritt bewegte Bilder, also Videos/Filme von Spinnen ansehen, und die Angst da sein lassen. Das funktionierte natürlich nicht immer sofort. Ich habe das seeeeehr oft machen müssen. Und mich dabei lange schlecht gefühlt, denn ich war in solchen Situationen mehr als nur unsicher. Immer wieder rein in die Situation und merken, dass mir nichts Schlimmes passiert. Das ist wichtig.

Ich habe mich damals bereits unbewusst "umprogrammiert".

Die Angst schütze mich vor der Erwartung, dass mir mit einer Spinne im Raum etwas Schlimmes passieren würde. Diese Grundlage habe ich meiner Angst Stück für Stück entzogen. Ich stellte infrage, dass ich in Lebensgefahr schwebte. Und allein das verkleinerte meine Angst, die in ihren Anfängen eher einer Panik glich. Ich hatte lange Zeit erstmal "nur Angst", wenn ich eine Spinne sah und konnte sie irgendwann mit ausgestreckten Armen, einem Glas und einem Stück Karton aus der Wohnung schaffen. Angetrieben war ich damals von dem Gefühl für jemand anderen stark sein zu müssen. Wenn beispielsweise meine Freundin in ihrer Angst vor Spinnen weglief, habe ich mich meiner Angst gestellt und meine Freundin vor der Spinne "gerettet". Mir war oft mulmig dabei, doch es half mir mich sicherer darin zu fühlen, Spinnen auszusetzen. Auch wenn ich zu dem Zeitpunkt noch relativ starke Angst verspürte, habe ich mich viel freier bewegen können. Denn mittlerweile waren Bilder und Filme von Spinnen kein Panikauslöser mehr. Ich hatte meine Komfortzone erweitert!

Meinen wahren Durchbruch erlebte ich an einem Wochenende in Heideruh

Ich wollte mehr. Ich wollte nicht mehr diese große Angst spüren, wenn ich eine Spinne mit einem Glas in ihre Freiheit lasse. Ich wollte auch das souveräner meistern. Ich wusste nicht wie, bis ich Anya 2015 in Heideruh kennen lernte. Wir waren beide Teil eines Treffens, das sich als Ersatz für das Lesbenfrühlingstreffen geformt hatte. Im Grunde waren wir zwei von knapp 40 Frauen, die gemeinsam im Wald in der Sonne einer Lichtung saßen und frühstückten. Das Gespräch in der uns umgebenden kleinen Gruppe von 5 Frauen drehte sich um Spinnenangst.

Wir hatten alle unterschiedliche "Paniklevel" in der Runde, doch es einte uns der Satz "Spinnen brauchen wir nicht in unserer Nähe.".

Irgendwann schaltete sich Anya ein: Habt ihr heute nach dem Mittag 2 Stunden Zeit und wollt ihr euch eurer Angst stellen? Ich kann euch helfen diese Angst stückweise loszulassen.".

Irritierte Blicke in der Runde, fragende Gesichter, Unsicherheit.

Wollte ich das? Mein Blick traf den von Miri, auch sie wollte sich ihrer Angst stellen.

"Machen wir das? Na los, wir versuchen es. Bist du dabei?" Es folgte ein "High Five" von Miri und mir und damit das Versprechen sich noch am selben Tag um 12 Uhr an einem Tisch im Wald zu treffen. Auch Kerstin trat der Runde bei und so saßen wir wie verabredet wenige Stunden später zu viert gemeinsam mit Anya an einem weißen Gartentisch, abseits der Gruppe, nahe der am Vortrag gebauten Feuerstelle im Waldstück von Heideruh zusammen.

Ich erinnere mich noch daran, wie Anya uns Schritt für Schritt geholfen hat unsere eigene Komfortzone zu erweitern. Es fing an mit einem offenen Glas in der Mitte des Tisches, in dem eine Spinne saß.

"Sie bleibt am Boden sitzen und läuft nicht raus". War der nicht wirklich beruhigende Satz, den ich hörte. Es war kein Deckel auf dem Glas verdammt und ich saß an der kurzen Kante, also nochmal näher an dem Tier!

Nun gut. Ich ließ mich auf die Theorie ein, die Anya und vermittelte.

Denn laut ihr können wir nicht dauerhaft im Panikmodus sein. Irgendwann entspannen wir uns in der Situation, wenn sich nichts ändert. Und so war es.

Wir alle saßen irgendwann nahezu entspannt mit dieser Spinne am Tisch. Es war wichtig, dass wir von einer Skala von 1-10 (1= Ich bin entspannt wie ein schlafendes Baby / 10 = Ich renne so schnell ich kann weg und mein Puls ist auf 180) alle gemeinsam auf einem Wert von 6 oder niedriger gelangten. Denn das ist leicht erhöhte Alarmbereitschaft. Dann sind wir Menschen aufmerksam, doch nicht mehr in Angst. Wenn alle diesen Wert erreichten, steigerte Anya die Anspannung.

Von "Spinne im Glas" zu "Spinne frei laufend auf dem Tisch" zu "Spinne auf ihrer Hand" zu "Spinne auf meiner Hand". Jedes Mal mit der Ruhephase für uns.

Denn wir wollten gemeinsam unsere Komfortzonen erweitern und erkennen, dass uns nichts passiert. Dieses Video ist das Ergebnis von nervenaufreibenden 2 Stunden mit Anya im Wald:


Am Folgetag durfte ich Vorbild für ein Mädchen sein.

Wir Menschen lernen von den Reaktionen unserer Umwelt, gerade wenn wir klein sind. Wenn also unsere Eltern, Bezugspersonen oder enge soziale Kontakte Angst vor etwas haben, übernehmen Kinder diese Furcht ungefiltert.

Das kann durch andere Erfahrungen geändert werden. Die Mutter des Mädchens hatte in diesem Fall Angst vor Spinnen und ich die Aufgabe mein Gelerntes vom Vortag zu vertiefen, mich Situationen zu stellen, in denen ich meiner Angst begegne, um für mich neue Wege zu beschreiten.

Warum also nicht beides miteinander verbinden?

Während ich schon einen entspannteren Gesichtsausdruck auf dem zweiten Video habe, hatte ich den Wunsch meine Erfahrung an das Mädchen weiterzugeben. Wir schauten uns die Spinne genauer an, bewunderten, wie sie ihre 8 Beine koordiniert und sich über Kopf an meiner Hand festhalten konnte. Auch mir tat es gut das Tier mit einer Art von Neugier zu betrachten.

Denn wo Neugier herrscht, gibt es keine Angst.


In diesem 2 Tagen habe ich mich meiner Spinnenangst gestellt. Eine kurze Therapie-Einheit, die mir seitdem viel Lebensqualität schenkte. Ich habe die Mechanismen hinter der Körperreaktion im Überlebensmodus mental verstanden und körperlich nachempfinden können. Wenn dich eine Angst blockiert und in deiner Bewegung einschränkt, darfst du im ersten Schritt hinterfragen, ob sie nützlich für dich ist. Angst im 50. Stock eines Hochhauses zu haben, während du ungesichert auf dem Fenstersims balancierst, ist durchaus nützlich und berechtigt.

Angst vor einem Foto einer Spinne wie in meinem Fall war für mich nicht nützlich, sondern hinderlich. Mittlerweile habe ich mehr inneren Frieden gefunden, meine Angstreaktion nach einem kurzen Schreck schneller im Griff und kann mir eine Spinne auch mit Neugier ansehen.

Schau deine Angst an.

Wie fühlt sie sich an? Was sagst du dir in der Situation? Und sind diese Gedanken wahr? Je mehr du dich und deine Angst beobachtest, desto schwächer wird sie und du gewinnst mehr Klarheit und Handlungsfähigkeit zurück.

Probier dich aus und befreie dich aus den Fängen deiner unnützen Ängste.

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2 Kommentare

  • Sehr schöner Artikel! Besonders eindrücklich der Satz: " Man kann nicht dauernd im Panikmodus sein und irgendwann entspannt man sich" 🙂 Ja, immer mal wieder die Kompfortzone verlassen lohnt sich!
  • Hey Michi,
    es freut mich sehr, dass dir der Artikel gefallen hat! =) Ja, die Komfortzone verlassen lohnt sich wirklich, das erlebe (und provoziere) ich immer wieder. ;)
    Ganz liebe Grüße
    Marina

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